Gedichte zur Adventszeit
Fenster zur Literatur
Christina Pehe und Hans-Rolf Conrad haben die teilweise bekannten, teilweise wahrscheinlich aber auch völlig ungeläufigen Gedichte zusammengestellt, und Frieder Neher hat sie liebevoll als modernen Adventskalender auf dieser Seite online gestellt.
Adventskalender
tag für tag
schließt sich leise
ein türchen deines lebens
und deine möglichkeiten
fallen unwiderruflich
ins schloss
die verriegelte tür
in der mitte aber
du selbst
öffnest du dich
vielleicht schaut dich dann
überraschend ein kind an
Andreas Knapp
Noch ist Herbst nicht ganz entflohn
Noch ist Herbst nicht ganz entflohn,
Aber als Knecht Ruprecht schon
Kommt der Winter hergeschritten,
Und alsbald aus Schnees Mitten
Klingt des Schlittenglöckleins Ton.
Und was jüngst noch, fern und nah,
Bunt auf uns herniedersah,
Weiß sind Türme, Dächer, Zweige,
Und das Jahr geht auf die Neige,
Und das schönste Fest ist da.
Tag du der Geburt des Herrn.
Heute bist du uns noch fern.
Aber Tannen, Engel, Fahnen
Lassen uns den Tag schon ahnen.
Und wir sehen schon den Stern.
Theodor Fontane
Fürbitte zu Weihnachten
Wider die Abweisung
Wider die Nachtangst
Der leisen Stimme
aller Ortssuchenden wegen
Der Zerbrechlichkeit
eines Kinderschlafes wegen
Der Überhörbarkeit
eines Engelliedes wegen:
Um Wachsamkeit
Um Hellhörigkeit
Um Augenlicht
Um Friedensgruß
Joop Roeland
Am 4. Dezember
Geh in den Garten am Barbaratag.
Gehe zum kahlen Kirschbaum und sag:
Kurz ist der Tag, grau ist die Zeit.
Der Winter beginnt, der Frühling ist weit.
Doch in drei Wochen, da wird es geschehn:
Wir feiern ein Fest, wie der Frühling so schön.
Baum, ein Zweig gib du mir von dir.
Ist er auch kahl, ich nehm ihn mit mir:
Und er wird blühen in seliger Pracht
mitten im Winter in der heiligen Nacht.
Josef Guggenmoos
O Tannenbaum...
O Tannenbaum, o Tannenbaum,
wie treu sind deine Blätter!
Du grünst nicht nur zur Sommerzeit,
nein, auch im Winter, wenn es schneit.
O Tannenbaum, o Tannenbaum,
wie treu sind deine Blätter!
O Tannenbaum, o Tannenbaum,
du kannst mir sehr gefallen.
Wie oft hat nicht zur Weihnachtszeit
ein Baum von Dir mich hoch erfreut!
O Tannenbaum, o Tannenbaum,
du kannst mir sehr gefallen!
O Tannenbaum, o Tannenbaum,
dein Kleid will mich was lehren:
Die Hoffnung und Beständigkeit
gibt Trost und Kraft zu jeder Zeit.
O Tannenbaum, o Tannenbaum,
dein Kleid will mich was lehren.
Ernst Anschütz
Knecht Ruprecht
Von drauß’ vom Walde komm ich her,
ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr!
Allüberall auf den Tannenspitzen
sah ich goldene Lichtlein sitzen;
und droben aus dem Himmelstor
sah mit großen Augen das Christkind hervor;
und wie ich so strolcht Durch den finstern Tann,
da riefs mich mit heller Stimme an:
»Knecht Ruprecht«, rief es, »alter Gesell,
hebe die Beine und spute Dich schnell!
Die Kerzen fangen zu brennen an,
das Himmelstor ist aufgetan,
Alt und Junge sollen nun
von der Jagd des Lebens einmal ruhn;
und morgen flieg ich hinab zur Erden,
denn es soll wieder Weihnachten werden!«
Ich sprach: »O lieber Herre Christ,
meine Reise fast zu Ende ist;
ich soll nur noch in diese Stadt,
wo’s eitel gute Kinder hat.«
»Hast denn das Säcklein auch bei Dir?«
Ich sprach: »Das Säcklein, das ist hier:
Denn Äpfel, Nuss und Mandelkern
essen fromme Kinder gern.«
»Hast denn die Rute auch bei Dir?«
Ich sprach: »Die Rute, die ist hier;
doch für die Kinder nur, die schlechten,
die trifft sie auf den Teil, den rechten.«
Christkindlein sprach: »So ist es recht;
so geh mit Gott, mein treuer Knecht!«
Von drauß’ vom Walde komm ich her;
ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr!
Nun sprecht, wie ich’s hierinnen find!
Sinds gute Kind, sinds böse Kind?
Theodor Storm
Gerade weil so viele |
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Gerade weil so viele |
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Gerade weil so viele unmenschlich leben, wird Gott Mensch. |
Gerade weil so viele |
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Gerade weil so viele |
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Jesus Christus – |
Unbekannt
Weihnachten
Weihnachten ist heilig, wenn du in Stille kommst zur Krippe,
zu erblicken deine Heiligkeit,
für dich sichtbar gemacht.
Deine Gaben sind deine leeren Hände nur,
bereinigt von Habsucht.
Nichts weiter legst du nieder vor dem Neugeborenen
außer deine Zweifel und Ängste,
deine blassen Illusionen
und deinen kranken Stolz,
dein verborgenes Gift
und deine schwache Liebe,
deine dürftigen Schätze
und Deine Untreue,
zu all den Gaben, die Gott dir gab.
An diesem Altar hier lege alles beiseite,
die Tür zum Himmel weit zu öffnen,
und höre die Engel singen vom Frieden auf Erden,
denn Weihnachten ist die Zeit deiner Wiedergeburt.
Helen Schucman